Diagnose

Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme ICD (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) ist das wichtigste, weltweit anerkannte Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen. Tic-Störungen werden im Abschnitt F95 wie folgt beschrieben / diagnostiziert:

F95.- Tic-Störungen

Syndrome, bei denen das vorwiegende Symptom ein Tic ist. Ein Tic ist eine unwillkürliche, rasche, wiederholte, nichtrhythmische Bewegung meist umschriebener Muskelgruppen oder eine Lautproduktion, die plötzlich einsetzt und keinem erkennbaren Zweck dient. Normalerweise werden Tics als nicht willkürlich beeinflussbar erlebt, sie können jedoch meist für unterschiedlich lange Zeiträume unterdrückt werden. Belastungen können sie verstärken, während des Schlafens verschwinden sie. Häufige einfache motorische Tics sind Blinzeln, Kopfwerfen, Schulterzucken und Grimassieren. Häufige einfache vokale Tics sind z.B. Räuspern, Bellen, Schnüffeln und Zischen. Komplexe Tics sind Sich-selbst-schlagen sowie Springen und Hüpfen. Komplexe vokale Tics sind die Wiederholung bestimmter Wörter und manchmal der Gebrauch sozial unangebrachter, oft obszöner Wörter (Koprolalie) und die Wiederholung eigener Laute oder Wörter (Palilalie).

F95.0 Vorübergehende Tic-Störung

Sie erfüllt die allgemeinen Kriterien für eine Tic-Störung, jedoch halten die Tics nicht länger als 12 Monate an. Die Tics sind häufig Blinzeln, Grimassieren oder Kopfschütteln.

F95.1 Chronische motorische oder vokale Tic-Störung

Sie erfüllt die allgemeinen Kriterien für eine Tic-Störung, wobei motorische oder vokale Tics, jedoch nicht beide zugleich, einzeln, meist jedoch multipel, auftreten und länger als ein Jahr andauern.

F95.2 Kombinierte vokale und multiple motorische Tic-Störungen (Tourette-Syndrom)

Eine Form der Tic-Störung, bei der gegenwärtig oder in der Vergangenheit multiple motorische Tics und ein oder mehrere vokale Tics vorgekommen sind, die aber nicht notwendigerweise gleichzeitig auftreten müssen. Die Störung verschlechtert sich meist während der Adoleszenz und neigt dazu, bis in das Erwachsenenalter anzuhalten. Die vokalen Tics sind häufig multipel mit explosiven repetitiven Vokalisationen, Räuspern und Grunzen und Gebrauch von obszönen Wörtern oder Phrasen. Manchmal besteht eine begleitende gestische Echopraxie, die ebenfalls obszöner Natur sein kann (Kopropraxie).

F95.8 Sonstige Tic-Störungen

Hierzu liegt keine Beschreibung vor.

F95.9 Tic-Störung, nicht näher bezeichnet

Das Tourette-Syndrom wird häufig erst Jahre nach dem Auftreten der ersten Symptome diagnostiziert. Dies führt oftmals daher zu Missverständnissen im Umfeld und sorgt tlw. für  Ausgrenzung bis hin zu Stigmatisierung. Die Kinder gelten vielleicht als frech und halsstarrig, die Eltern machen sich Sorgen, weil ihre Erziehung offenbar nicht recht fruchtet. In solchen Fällen ist die Diagnose für alle Betroffenen (zunächst) eine Erleichterung. Manche Menschen mit Tourette können ihre Tics über Stunden kontrollieren, sodass der Arzt sie nicht selbst begutachten kann. Die Diagnose des Tourette-Syndroms beruht daher oft auf der Beobachtung und Beschreibung der Tics. Jüngere Kinder bemerken diese oft gar nicht selbst. Dann sind es die besorgten Eltern, die dem Arzt von ihren Symptomen berichten.