Die Tourette-Gesellschaft Deutschland hat 2025 erstmalig zu einem spannenden Outdoor-Erlebnis eingeladen. Unter dem Motto „Draußen Erleben“ wurden vom 6. bis 9. Juni 2025 Abenteuertage speziell für Jugendliche mit Tourette- und Tic-Erkrankungen im Alter von 11-15 Jahren und ihre Eltern angeboten. Es wurde in die malerische Landschaft der
Fränkischen Schweiz mit ihren beeindruckenden Felszacken, verwunschenen Wäldern, geheimnisvollen Schluchten und faszinierenden Höhlen eingetaucht.
Zu erwarten waren aufregende Herausforderungen, die Selbstvertrauen stärken und den Zusammenhalt fördern, Abenteuer, Natur und Gemeinschaft erleben!
Unsere Highlights für die Jugendlichen waren folgende Erfahrungen: „Hoch hinaus“ beim Klettern am Fels, „Tief ins Dunkel“ bei spannenden Höhlentouren, Outdoor-Action in der Natur und gemeinsame Abenteuer und Gruppenerlebnisse
Für Eltern gab es entspannte Wanderungen, Zeit zum Austausch mit anderen Eltern und eine Auszeit vom Alltag in der Natur.
Gemeinsam aktiv waren wir zum Beispiel bei einer Abenteuertour in eine Höhle und einem gemütlichen Tagesausklang am Lagerfeuer.
Sarah – eine der betroffenen Teilnehmerinnen – beschreibt Ihre Erfahrungen folgendermaßen:
„Als ich dieses Jahr wieder in ein Tourette-Camp gefahren bin, wusste ich schon, dass es etwas Besonderes werden würde. Dieses Mal ging es nicht ums Reiten, wie bei meinen zwei Camps davor,
sondern ums Klettern und Höhlen erkunden, also Abenteuer pur!
Ich war gespannt, was mich erwartet, und gleichzeitig froh, bekannte und neue Gesichter zu sehen.
Von Anfang an habe ich mich dort einfach aufgehoben gefühlt. Niemand hat komisch geschaut, wenn jemand einen Tic hatte, und keiner hat gefragt: „Warum machst du das?“ Wir mussten nichts erklären, alle wussten, wie es ist. Stattdessen wurde ganz viel gelacht, geholfen und verstanden. Die Eltern konnten sich austauschen und merkten auch: wir sind nicht allein. Es war schön zu sehen, wie sich alle gegenseitig unterstützt haben, egal ob jung oder alt.
Ein Moment, der mir besonders in Erinnerung geblieben ist, war,
als jemand sich anfangs nicht getraut hat, über einen Canyon zu klettern. Wir anderen haben dann angefeuert und als die Person es dann geschafft hat, haben alle gejubelt und geklatscht. In solchen Augenblicken merkt man, wie stark man zusammen ist. Es war einfach ein tolles Gefühl, Teil von so einem Team zu sein!
Mein Lieblingsmoment war aber tatsächlich der Abschied. Es war rührend zu sehen, wie viele Tränen geflossen sind, nicht aus Traurigkeit, sondern, weil wir alle gespürt haben, wie wichtig wir uns gegenseitig geworden sind.
Ich habe aus dieser Zeit ganz viel mitgenommen: Mut, Freundschaft und das Wissen, dass Tourette uns zwar ausmacht, uns aber nicht aufhält. Jeder von uns hat seine eigenen Stärken und gemeinsam sind wir noch stärker!
Wenn ich jemandem etwas mitgeben könnte, dann wäre es das: Trau dich bitte auf jeden Fall andere mit Tourette kennenzulernen. In einem Camp wie diesem lernst du nicht nur andere, sondern auch
dich selbst besser kennen. Es kann dein Leben verändern, so wie meins!“
Patricia Thibaudeau, die Mutter von Kenza Hassani, die ebenfalls teilgenommen hat möchte nachfolgendes teilen:
„Willkommen im Outdoorcamp!
Das erste Kennenlernen fand im Seminarraum der Jugendherberge statt.
Gruppentische, an denen die Kinder und Eltern einen Bogen ausfüllten, der dazu diente sich gegenseitig besser kennenzulernen, aber auch in eine erste Selbstreflektion zu gehen.
Einige Erwachsene und Kinder kannten sich bereits und unterhielten sich lebhaft.
Andere – so wie Kenza und ich – waren das erste Mal dabei und
blieben zurückhaltend, abwartend.
Es war das erste Mal überhaupt, dass wir (Kenza und ich) auf andere Teenager mit Tourette und deren Eltern trafen.
Die Kinder gingen dann zum besseren Kennenlernen nach Draußen und wir Eltern setzten uns im Stuhlkreis in den Raum.
Was dann passierte war unglaublich – aus Fremden wurden Gleichgesinnte!
Es war eine sehr intime und wertschätzende Atmosphäre, wir tauschten uns aus – ohne wenn und aber. Offen, ehrlich, teilten wir unsere Sorgen, Ängste, Wut und Tränen.
Beim ersten gemeinsamen Essen in der Herberge fand ich es unglaublich, wie gelöst und fröhlich meine Tochter am „Kindertisch“ mit den anderen redete. Sie war bisher immer eher zurückhaltend in neue Sit
uationen und Begegnungen gegangen. Das Tourette hatte sie sehr viel zurückhaltender und gehemmter werden lassen. Welch eine wunderbare Wandlung – ich sah dort am Nebentisch meine Tochter – lachen, scherzen, reden und quatschen. Sie schien sich unglaublich wohl zu fühlen inmitten all dieser, vor ein paar Stunden noch fremden, Jugendlichen.
Am nächsten Tag ging sie mit den anderen auf eine erste Höhlentour und wir Eltern machten eine Wanderung.
Erneut tauchte ich ein in diese Gemeinschaft. Zusammenhalt, Verständnis, Wohlwollen. Ich konnte gelöst und frei mit den anderen reden, denn alle verstanden mich. Ich musste nichts über das Tourettesyndrom erklären oder rechtfertigen.
Kenza kam total selig und stolzerfüllt von ihrer ersten Tour zurück. Bei der gemeinsamen Höhlentour am Tag darauf, in der sie mir den Einstieg in die Höhle zeigte und als meine Höhlenführerin fungierte, spürte ich ihre neu gewonnene Zuversicht und ihr gesteigertes Selbstbewusstsein.
Sie, die zuvor, bei neuen Situationen immer in meiner Nähe bleiben
wollte, löste sich und wollte alleine mit den anderen neue Teile der Höhle entdecken.
Welch eine Wandlung! Es war einfach unglaublich!
Für mich war dieses Wochenende voller emotionaler Begegnungen ein großer Gewinn, ein reicher Topf an Eindrücken und neuen Kontakten, mit denen ich mich auch in Zukunft weiterhin gerne austauschen möchte!“
Zum Schluss möchten wir noch Danke sagen!
Danke an die Jugendstelle Rosenheim für Material und (personelle) Unterstützung und die Jugendherberge Pottenstein als Veranstaltungsort, der uns herzlich und selbstverständlich beherbergt hat: wir sind sehr zufrieden und kommen nach deren Sanierung gerne wieder!





